Making of: „Strangest Winter“

Fangen wir mit den wichtigem Teil an: Am 20. November 2020 erscheint eine Mini-EP mit drei Coverversionen, die ich im letzten Jahr gemacht habe.

Ja. Damit reihe ich mich ein in hunderte Musiker, die in dieser seltsamen Situation, in der wir alle seit März stecken, plötzlich wieder kreativ geworden sind. Irgendwas muss man ja tun mit seiner Zeit.

Wie ist es letztendlich dazu gekommen? Wie Early Winter und Water through Sand entstanden sind, habe ich ja bereits hier auf dem Blog beschrieben. Für den Rest müssen wir eine kleine Zeitreise machen.

2008: Farewell to the Fairground

Dj Greene ist ein feiner Kerl. Nicht nur redet er sehr viel, wenn er von etwas begeistert ist, nein, er ist auch der Einzige(!), mit dem ich je bei Musik, und allem was dran hängt, zu tun hatte, der auch wirklich zu jedem seiner Worte steht (und es waren echt viele!). Für einige Jahre betreute er den Boiler Room in Regensburg, bis der Laden leider pleite ging, weil die Regensburger einfach nicht in den Boiler Room wollten (mimimimi, da fährt kein Bus hin).

Punk, Goth, Rock, Metal, 80er, alles was das Herz und das Ohr begehren. Und irgendwann legte er eine neue Band auf. Und wieder und wieder kamen Leute zum DJ-Pult und wollten wissen, wer das denn sei, das klänge so angenehm postpunkig, ist aber offensichtlich was Aktuelles.

Diese Band heißt „White Lies“ und „To Loose my Life“ war das gespielte Debütalbum.

Nein, ich werde es nicht müde, dieses Lied zu teilen. Irgendwie habe ich es sogar geschafft, es unbemerkt auf diepflege.org zu schmuggeln! Hallo Vz.T., ich weiß, Du liest das hier <3

Danach ist meine Erinnerung etwas uneindeutig. Den White Lies bin ich natürlich damals auf Myspace gefolgt (ja…. damals als das Internet noch mit Heizöl lief) und zu meiner Freude erschien das zweite Album „Ritual“ bereits 2009. Ich sah das Video zu „Bigger than us“ und ich glaube hier hat die Band endlich ihre Vorliebe für …… „besondere“ Musikvideos entdeckt und verfeinert.

Ich sage immer, dass ich das Video zu „Strangers“ erst 2020 zum ersten Mal gesehen habe, inzwischen, nach langem Grübeln, bin ich mir aber sicher, dass ich es damals schon auf Myspace gesehen habe und danach den Deckel zuschloss und sagte: Okay, das wars mit dieser Band. Das Video ist……. sehr pervers aussergewöhntlich!

Album drei „Big TV“, Album vier „Friends“ (mein persönlicher Favorit) und Album Nr. 5 „Five“ holte ich mir kurz nach dem Erscheinen. Weil Greene sie mir herzlichst empfahl. Und Greene weiss, was gute Musik ist!

ca. 2017: Geschmäcker verändern sich

CN: Verstörender Inhalt mit historischem Bezug

Für viele viele Jahre habe ich Das Ich und Samsas Traum als zwei meiner Lieblingsbands angegeben. Und sie gehören definitiv zu meiner post-adoleszenten Musikentwicklung und sind nicht daraus wegzudenken. Es ergeben sich aber zwei Probleme:

Das Ich hat seit 2006 kein Album rausgebracht. Was sicherlich auch an der Erkrankung des Sängers Stefan Ackermann liegt, wie gut er genesen ist, weiß ich leider nicht, denn bis auf ein paar Festivalauftritte tut sich da nicht viel.

Samsas Traum wiederum: Ich befürchte da bin ich rausgewachsen. Ich kann die Alben alle noch gut und gerne hören, aber die Zeit in denen sie gaaaaanz nah an meinem Herzen waren sind vorbei. Das muss nicht unbedingt was mit ihnen zu tun haben, die Musik ist nach wie vor großartig und vielfältig. „Friedrichs Geschichte“ ist ein Werk, dass man im Musikunterricht durchnehmen sollte, oder besser noch im Geschichtsunterricht. Und wie a.Ura damals schwer zu übertrumpfen.

White Lies wiederum ist eine Band, die mich nun seit 12 Jahren begleitet, der Katalog ist jetzt nicht so wahnsinnig groß aber ich verbinde mit dem ersten Album mit die beste Zeit meines Lebens, und alles was danach kam, hat an Qualität nicht nachgelassen. Und Cure-esker Britrock war eh schon immer meines.

Mitte 2019: Niemand mag Wasserlevel (ausser die Musik)

Was es genau mit den PixelMixers auf sich hat, darüber schreibe ich einen eigenen Blogartikel, denn da gibt es viel zu erzählen. Kurzform: 2019 fand ich mich in einer internationalen Community wieder, die Videospielmusikcover macht. Und ich bemerkte schnell, ich bin hier in guter Gesellschaft. Man hatte plötzlich wieder einen guten Grund, die Intrumente in die Hand zu nehmen (nachdem ich mir Anfang 2018 nach Soulimage versprochen hatte, dass jetzt aber wirklich wirklich Schluss ist – es ist erstaunlich, wie konsequent ich bin. Jedesmal wieder).

Zur gleichen Zeit habe ich beschlossen, auch solo wieder Musik zu machen, bzw. erstmal ein paar Cover für Youtube aufzunehmen. Jaaaaa! Ich höre Euch bis hierher, ich war damals ein sehr großer Gegner dieses „Alles muss auf YT, weil Alles auf YT ist“-Gehabes. Es steht sogar auf Wikipedia. Inzwischen hat sich die Situation verändert, Google hat gewonnen. Ich sage nicht, dass ich das gut finde, aber es ist nunmal leider so. Mit „Early Winter“ hatte ich einen passablen Einstand. Und nur acht Monate später triggerte ich mich selbst mit einem alten Problem.

Juli 2020: Steck Dir den Lavendel da hin, wo er keine Sonne abgekommt

Um Geld zu verdienen und Sinn in mein tristes Leben zu packen arbeite ich als Gesundheits- und Krankenpfleger. Ich drösel jetzt nicht die ganze Biographie dieses verkorksten Jahres auf – dazu lest ihr bitte auf www.diepflege.org – jedenfalls war es im Juli klar, dass es wohl keinen Pflegebonus gibt, dafür gab es von der Landesregierung von Rheinland-Pfalz als Dankeschön einen Lavendel auf ein Klinikgelände gepflanzt.

Nein, keine Verarsche, ich habe mir das nicht ausgedacht!

Weil „Sich Ärgern“ schlecht für den Kreislauf ist, habe ich das einzige gemacht, was immer geht: Musik! Und wer Gwen Stefanie, SOAD, Stevie Wonder, Billy Joel und Bella Morte covern kann, der schreckt auch nicht vor Udo Jürgens zurück.

Dazu muss man sagen: DAS war von allen Liedern das schwerste nachzuspielen. Udo, ich war nicht Dein größter Fan, aber du warst eine Bereicherung für die deutschsprachige Musikwelt!

Ja. Für eine kleine musikalische Schelmerei habe ich mich sogar wieder selbst vor die Kamera getraut (der Zahn der Zeit hatte ja 10 Jahre um an mir zu nagen). Und mir war klar, das wird seinen Kreis machen, in Wirklichkeit hat es mir dauerhaft die Statistik zerschossen.

https://twitter.com/SiSadness/status/1293260126929985539?s=20

Und wenn es sich auch wie ein Luxusproblem anhört, ich wurde von mir selbst getriggert. Ich versuche es zu erklären:

Meine bekanntesten Werke sind „Fernweh“, dann lange nichts, dann „Geniese die Stille“ und noch ein paar Sachen, die mit Musik nichts zu tun haben. Ich habe eine Tendenz, dass die Projekte von mir durch die Decke gehen, in die ich die wenigste Arbeit stecke, während die Herzensdinge konsequent ignoriert bleiben. Ich sah vor meinem geistigen Auge bereits „Soul in Sadness? Das ist doch der, der das Lavendellied gesungen hat oder?“ Und beschloss, dass es das wieder war. Und dass ich dumm war, weil ich dachte, vielleicht verändern sich Dinge ja irgendwann….

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich allerdings mit dem Arrangement von „Strangers“ bereits angefangen und mir überlegt, „Strangers“, „Water Through Sand“ und „Early Winter“ miteinander zu veröffentlichen. Nicht auf YT mit dem Segen der Copyrightbots, sondern ordentlich.

September 2020: Strangers don’t hide

Das Album ZwischenWelt ist seit jeher auf allen gängigen digitalen Portalen vorhanden. Soweit so super. Die beiden ersten Alben nicht. Weil das Label UpScene Ende des Jahres 2004 den Betrieb eingestellt hat. Das war DLS=768kbs-Zeitalter, das Internet lief noch mit Holz, an Spotify war nicht zu denken, wir lebten ohne YouTube!

Also erstmal Leute, die sich auskennen, fragen, wem man am besten seinen Backkatalog zum Vertrieb anbietet. Nach kurzer eindeutiger Diskussion über Distrokid, CD Baby, SAS Believe, etc., fiel die Wahl auf (Kunstpause) (Trommelwirbel)

soundrop.

Ja, die haben sich auf Coverversionen von VGM spezialisiert, das passt …… so einigermaßen (also gar nicht), dafür war der erste Eindruck gut, meine erste freundliche Anfrage wurde schnell und komplett beantwortet. Also los. Hoch mit dem alten Zeug!

https://twitter.com/SiSadness/status/1308688457028509696?s=20

Kommen wir zu dem eigentlichen Problem. Man covert niemals(!) seine Lieblingsband. Oder doch?

Im März, als wir zum ersten Mal (und zum letzten Mal wenn mans genau nimmt :-/ ) alle zu Hause geblieben sind wussten wir noch nichts. Wie überträgt sich Corona, wie tödlich ist es, wir kann man sich schützen. Für jemanden, der von Berufswegen NICHT Abstand von seinen Mitmenschen halten kann, nicht gerade die entspannteste Zeit meines Lebens.

Coping: Musik! Viel Musik! Ständig Musik auf die Ohren, bevor die eigenen Gedanken zu laut werden. Just in diesem Monat hatte ich mit „Ritual“ meine Sammlung der WL verfolständigt. Die White Lies selbst bezeichnen Ritual im Nachhinein als ihr schwächstes Werk. Ich kann verstehen woher diese Selbstbetrachtung kommt. Das Album klingt anders, ist teilweise zu dreckig, an anderen Stellen zu chillig. Es ist interessant, es ist gut aber im Vergleich zu den anderen Werken das schwächste Glied.

….. and there is nothing Stranger than to love someone…… wow! Just wow!

Alles begann wie immer: Drummaschine aussuchen, die üblichen Streicher und Klaviersynthies reinladen, Gitarren aufnehmen – diesmal mit auffallend wenig Verzerrung, Bass, der dafür diesmal verzerrt. Dann ist alles fertig, dann macht man alles nochmal weils entweder nicht mehr zusammen passt oder man sich denkt, „das kann ich besser“. Der übliche Wahnsinn eben.

Dazwischen eben Lavendelgate und „Vielen Dank für die Blumen“ mit oben genannten Gründen, warum das Arrangement doch bitte auf der Festplatte verrotten möge.

Nach dem Einsingen brauchte ich einen Moment……

Für meinen Bass „Albert“, der ich seit der Produktion von ZwischenWelt begleitet hat, war dies übrigens der letzte Track, danach hauchte er sein Leben aus.

10/2020: Und hoch damit

Eine Gruppe sehr enger Vertrauenspersonen hat sich von meinem Master die letzten drei Versionen angehört und waren eine große Hilfe. In Anlehnung auf das „Early Winter“ Video zwang ich meine Lebenspartnerin auf das Feld hinter dem Haus um das Coverbild aufzunehmen. Soundrop kann Cover, bürokratischer Aufwand minimalst.

Jetzt muss es nur noch rauskommen. Zum Zeitpunkt dieses Blogs sind alle Angelegenheiten geregelt und „Strangest Winter“ erscheint überall am 20.11.20

Hey, dieser Artikel ist viel zu lang, aber ich hab ja auch acht Jahre gebraucht, um wieder was zu veröffentlichen! Da wurden einige Dämonen überwunden. Mal sehen ob es jetzt anders wird. Oder zumindest irgendwas wird.

Shoutouts

An Torby Brand dafür, dass er mich für das kommende Zeldaprojekt zu den PixelMixers geschleift hat und Kenny Washington Jr., der meine Bassskills auf immer neue Höhen treibt.

To be continued…..

Ein Gedanke zu „Making of: „Strangest Winter““

  1. Hi, ich find super, dass es nach 8 Jahre endlich wieder was von SiS gibt. Bin zwar erst dieses Jahr auf euch gestoßen (Musikempfehlung von Spotify), aber ihr habt euch direkt in mein Herz gesungen. Seit dem läuft SiS zu ca. 50%. Als ich noch dachte, endlich habe ich meine Lieblingsband gefunden und jetzt gibts die nicht mehr, war der Freudensprung groß, als dein neues Werk erschien. Danke für die super geile Musik!

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