#Pflege – Bitte vergesst uns wieder

Guten Tag, mein Name ist Stefan Si***, es reicht mir, wenn Sie Stefan sagen, bitte nicht Herr Pfleger, das ist so sperrig. Vielleicht hatten Sie einen Unfall, vielleicht leiden Sie an einer chronischen Krankheit, wie auch immer, irgendetwas ist passiert, entweder sind Sie freiwillig gekommen oder wurden gebracht. Ich verstehe, dass Sie sich den Tag anders vorgestellt haben, bestimmt hatten Sie Besseres vor, als Zeit im Krankenhaus zu verbringen. Es ist meine Aufgabe, Sie zu unterstützen und wieder fit für Ihr Zuhause zu bekommen.

So oder so ähnlich gehen in einem die Gedanken, wenn man versucht, sich selbst und seinen Beruf auch mit den Augen des Patienten, des Menschen, gegenüber zu reflektieren. Pflege ist ein Berufsstand, den niemand brauchen will. Ohne darauf einzugehen, wie andere europäische Länder professionelle Pflege für ihre Bürger anbieten, kann man nüchtern und ohne Groll feststellen, dass man uns nicht gerne nötig hat. Man möchte nicht in eine Situation kommen, in der ein dicker Mann wie ich beim Aufstehen, beim Essen und bei den kleinen oder großen Geschäften hilft.

Pflege geniest dennoch einen stabilen Respekt in der Bevölkerung, regelmäßig landen wir bei Beliebtheitsumfragen auf vorderen Plätzen. Taucht man etwas tiefer, kommen Sätze wie „Finde ich toll, ich könnte das nicht“ gut, aus dem gleichen Grund könnte ich kein Tischler sein, es fehlt mir am Können. Ist es neunmalklug, gar fatalistisch, wenn mein Beziehungsohr raushört „Ich will das nicht machen müssen“

Unsere „Kundschaft“ ist signifikant älter und gebrechlicher als der Bevölkerungsschnitt. Besonders fällt das auf, wenn ich mein Krankenhausdenken kurz abstelle und auch an die Kollegen*innen in der ambulanten Pflege und in den Pflegeheimen denke.

Pflege ist ein unzufriedener Beruf. Die Verweildauer ist gering, es gibt einen Ausdruck für das Hinwerfen und die berufliche Neuorientierung: Pflexit. Es existiert keine bundesweite Berufskammer. Wir sind zwar die ersten, die lächelnd vor die Kamera geschleift werden aber sehr weit unten in der „Rangordnung“ im Gesundheitssystem, obwohl wir zahlreichste Berufsgruppe sind.

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Von Bieren und Würsten

Eine kulinarische Besonderheit der Thüringer ist mir schon Jahre vor dem Umzug aufgefallen: Die Liebe des Thüringers zu seinen Fleischwaren. Was dem Bayern sein Bier, ist dem Thüringer seine Wurst. Und das in vergleichbarer Qualität und Liebe zum Traditionsprodukt.

Der Bayer ist, was sein Bier betrifft, ein Purist: Wasser, Gerste, Hopfen. Das wars. Mehr gehört in den güldenen Gerstensaft nicht hinein! Keine Kohlensäure, keine Geschmacksstoffe. Nix!

Wer in Erfurt, Jena, Eisenach oder Gera aus dem Zug steigt muss meist nur wenige Schritte gehen, bevor er die erste Wurstbude antrifft. Die Thüringer Bratwurst MUSS über Holzkohle gegrillt werden. Ob es ein Gesetz gibt, weiß ich nicht, aber für alles andere hat der Thüringer ein hartes Wort: Wurstvergewaltigung!

In eine Semmel, pardon, Brötchen gepackt und mit scharfem Senf serviert und verspeist ist sie damit das Gegenstück zur Bayerischen Leberkässemmel. Auch diese darf höchstens mit Senf verzehrt werden, ob süß oder scharf ist dabei Geschmackssache, doch süßer Senf ist eh so ein „bayerisches Zeug“, das ausserhalb des weißblauen Freistaats ein Nischendahsein fristet. Ketchup ist nur bei Kindern erlaubt, sonst weiß jeder sofort: Du bist a Preiß!

„Du weisst schon, in Thüringen gibts keine Leberkässemmeln mehr!“ war einer der mutlosen Versuche, mir meinen Exodus madig zu machen. Doch weit gefehlt. Sieht die Regensburger Bratwurst gegen die Thüringer bereits wie ein Witz aus, so wird einem beim Genus des Fleischkäsebrötchens eines Gewahr: Der Thüringer will SEHEN, was er da auf seinem Brötchen liegen hat! Gut 200g Fleischkäse zwischen den Semmelhälften zeigen dir sofort wer hier der Boss ist und denk bloß nicht daran, heute noch was Anderes zu essen! „Mehr als eine von uns schaffst Du eh nicht, Schwächling!“

Zum Schluss noch ein Spoiler für Bayerntouristen: Wenn ihr süßen Senf wollt, besteht auf Händlmeier, und wenn ihr dazu eine Weisswurst esst: Ihr müsst das Ding nicht „zuzeln“ (aussaugen), das sagen wir euch Preißn bloß, weil ihr so schön blöd dabei ausseht! Ein beherzter Bauchschnitt, Pelle ab, fertig. Besonders hungrige essen die Pelle mit. Mahlzeit!

Ich, der Migrant

Alles begann im Frühjahr 2015. Ich sollte also nochmals Vater werden. Schön! Es begannen die stressigsten Monate meines Lebens mit dem Ziel, aus der Fernbeziehung doch endlich einen Familienverbund zu machen. Obskurerweise erschien kurz zuvor ein Video der von mir sehr geschätzten Bloggerin und Pflegewissenschaftlerin mauerunkraut

https://youtu.be/GEXVIsBjzBw

Die gute Dame war also vor kurzem aus ihrer Heimat Bayern ins schöne Köln gezogen. Dabei fasste Sie mit Herz UND Augenzwinkern zusammen, wie sie die neue Situation in einer neuen Stadt so empfand.

Was ich da noch nicht wusste: 2017 mussten meine Partnerin und ich uns eingestehen, dass ihre Migrationspläne gescheitert waren. Das Heimweh war schlimmer. Ein paar unschöne Lebensumstände gossen zusätzlich Öl ins Feuer. Also hies es für uns beide – ab (zurück) in das Bundesland, das statistisch die meisten Rückkehrer hat – also Menschen, die wegzogen um dann wieder dorthin zurück zu kehren: Nach THÜRINGEN

…. es kommt keine Pointe – schaut Euch einfach das Video an!