Am 1. September 2025 erhielt ich eine Mail meines digitalen Vertriebs, dass Let’s Play Vol.2 auf mein Geheiß hin (bitte was?) von Spotify entfernt wird. Diese Anweisung sei nicht widerrufbar. Natürlich vermutete ich zunächst einen Fehler und begab mich in eine Konversation mit dem AI-Chatbot auf der Seite (weil ja jetzt ALLES AI ist!) und schließlich wurde mein Begehren an einen richtigen Menschen weitergeleitet. Auf die Antwort darauf warte ich bis heute.
Inzwischen ist das aber nicht mehr nötig, denn wenn ich auf meine Abrechnung gucke sehe ich eine Strafgebühr über 10$ für „Artificial Streaming“ auf Spotify. Das entspricht den AGBs dieses Streamingservices.
Ich bin nicht der erste dem das passiert, ich werde nicht der letzte sein. Ich kann mir also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausmalen, was passiert ist.
Was ist passiert?
Man nehme irgendein Arschloch, dass eine Playlist mit KI-generierter Musik anlegt. Dieses Arschloch wird dann andere Musik von kleinen unbedeutenden Artists beilegen (also jemandem wie mir) damit es nicht sofort offensichtlich nach Schwindel aussieht. Irgendwann bekommt Spotify davon Wind (ja, die merken das! Die haben natürlich die Logfiles für ihre eigene Seite) und behebt das Problem konsequent: Alle, die in der Playlist waren werden gelöscht.

In meinem Fall war das Stück „World of Colours“, ein Cover aus dem Soundtrack von Tetris Effect Connected. Das Stück hat niemand mit’m alten Oarsch angeguckt, bis jemand beschlossen hat, es plötzlich 1225mal in einer Woche zu streamen. Ich hab noch nicht ganz raus, warum ich da jetzt der Böse bin, aber hey, das sind Spotifys AGBs und die sind schließlich Marktführer und wir alle wissen: Marktführer wirst du nur, durch gute….. ehrliche….. gewissenhafte Arbeit. Immer!
Und nunne?
Damit ist „Let’s Play Vol. 2“ auf allen Streamingplattformen verfügbar, außer auf Spotify. Das ist im Großen und Ganzen nicht sooo schlimm, ich habe meinen Mitmusiker:innen Bescheid gesagt, aber samma ehrlich: Ich bin egal. Wenn ich groß, wichtig, berühmt hätte werden sollen, dann wäre das irgendwann die letzten 25 Jahre schon passiert, jetzt bin ich hochgradig irrelevant. Mich kann man getrost wie Dreck behandeln, den man wegkehren kann, wenn irgendwas fishy ist.
Viel wichtiger finde ich es, dieses Geschichte immer und immer und immer wieder zu erzählen. Es gibt junge, motivierte und engagierte Leute da draußen, die sehr viel mehr Zeit und Geld in die Hand nehmen um ihre Kunst zu veröffentlichen, und die sind noch nicht so desillusioniert, wie wir Alten, und für die würde es mir definitiv leid tun, wie Dreck behandelt zu werden.
Anfang November kam eine Pressemitteilung von Spotify, dass man nun gegen KI-generierte Inhalte vorgehen werden. Das kommt sehr früh für ein mindestens zwei Jahre altes Problem, das andere Streamer bereits erfolgreich gelöst haben.
Habe ich fürs Spotify Wrapped mein Kurzvideo hochgeladen? Ja, natürlich hab ich das. Es ist ja für die Fans. Und ich habe mich redlich bemüht so viel Autismus wie möglich in 30 Sekunden zu packen. Die Fans werden es verstehen, Spotify ist es mit Sicherheit egal.
Die anderen
Der Witz an der Sache: Es gibt sehr viele Anbieter, die haben noch nie(!) Gewinn eingefahren. Spotify gehört dazu. Youtube gehört dazu.
Ich kenne zwei Leute – davon einer meiner besten Freunde und der andere selbst ein bekannter Musiker – die haben beide Ihr täglich Brot damit verdient, CDs zu verkaufen. In Handelsketten oder im Versand. Diesen Beruf gibt es nicht mehr, weil sich die Industrie verändert. Das tut weh, ich hatte das selbst schon, ich bin auch im zweiten Beruf, das macht keinen Spaß.
Wenn also irgendjemand kommt und eine Revolution vom Zaun bricht, dann wäre es doch schön, wenn sie danach nicht so viele Kinder fressen würde. Egal wessen Kinder.
Habt eine schöne Weihnachtszeit.
